Sonntag, 24. Oktober 2010

Der Mensch im Web 2.0: Ein Schritt zurück vor Kant?

Nachträglich verschriftlichter und leicht erweiterter Vortrag zum Workshop „Laboratorium Mensch: Aufklärung – Anthropologie – Ästhetik“, 22. bis 23. Oktober 2010, veranstaltet durch die Doktorandenschule des Laboratoriums Aufklärung der Friedrich-Schiller-Universität Jena, gehalten am 23. Oktober 2010

Zuallererst soll einmal definiert werden, was ich unter dem Begriff Web 2.0 verstehe beziehungsweise, wie ich diesen von einem angenommenen Web 1.0 – auch wenn es diesen Begriff nie gegeben hat – abgrenze. Das Web 2.0 oder auch Social Web ist, im Gegensatz zum Internet der Anfangszeit dynamisch, es entwickelt sich konstant fort und unterliegt ständiger Veränderung, im Gegensatz zu früher, als das Internet weitestgehend aus statischen, Textseiten bestand, die sich sowohl hinsichtlich des Inhalts als auch des Veröffentlichungsprozesses noch eher an Printmedien orientierten. Hierbei ist ein bedeutender Unterschied, dass das Web 2.0 nicht mehr nur rezipiert, sondern mitgestaltet wird. Dadurch verliert sich jedoch die Steuerbarkeit und das Internet ist heute nicht nur ungesteuert sondern sogar überhaupt nicht mehr steuerbar. Auch wurden früher die Inhalte gewissermaßen editiert, doch auch dies ist nicht mehr möglich, allenfalls lässt sich heute eine Selektion entwerfen, indem der Nutzer Hilfsmittel an die Hand bekommt, welche Inhalte relevant sind und was vernachlässigbar ist. Auch wenn es im alten Internet Links gegeben hat, so muss man doch attestieren, dass Verknüpfung seinerzeit anders verstanden wurde. Heute sind die Inhalte, um ein vielfaches mehr verknüpft (Stichwort: Tagging) und Verknüpfung findet zum Teil sogar automatisiert statt. Hinzu kommt, dass der Mensch nicht mehr nur „consumer“ ist, sprich jemand, der ihm zur Verfügung Gestelltes lediglich konsumiert, sondern zum „prosumer“ geworden ist, was soviel heißt, dass er Konsument und Produzent in einer Person ist. Somit kann alles zusammenfassend gesagt werden, dass das Web 1.0 ein Abbild der Realität war, wohingegen das Web 2.0 Plattform für Virtualität ist. Es bildet die Welt nicht mehr nur ab, sondern eröffnet eine zweite Realitätsebene, in der nach und nach eine eigenständige Welt entsteht.

Vorweg sei gesagt, dass mein Anliegen nicht ist, zu behaupten, das Internet sei grundsätzlich schlecht, hat es doch auch positive Einflüsse auf die Demokratie mit sich gebracht, wie man etwa im Obama-Wahlkampf gesehen hat. Wobei einschränkend hierzu erwähnt werden sollte, dass eine erwartete Steigerung der Wahlbeteiligung in diesem Zusammenhang, wie auch schon vorher bei den weltweit ersten Onlinewahlen in Estland im Jahre 2005, nicht stattgefunden hat und diese nur insignifikant angestiegen ist. Was aber in gewisserwese demokratisierend gewirkt hat, war die Tatsache, dass die den politischen Prozess begleitende Informationsbereitstellung um ein Vielfaches höher war und auch in organisatorischer Hinsicht ganz neue Möglichkeiten geschaffen wurden. (An dieser Stelle erlaube ich mir einen Rückgriff auf den Vortrag Jörg Bernardys, der uns gezeigt hat, dass die Encyclopédie Diderots ein von vielen Denkern aus ganz Europa angegangenes Gemeinschaftsprojekt war und somit als früher Vorläufer von Projekten etwa wie Wikipedia gesehen werden kann.)

Doch schauen wir zuerst einmal auf die Möglichkeiten, die sich dem Individuum innerhelb der Virtualität eröffnen. Zum einen besteht die Möglichkeit, die eigene Persönlichkeit mittels verschiedener Profile oder Repräsentanzen, zu vervielfachen. Dies bedeutet eine Auflösung des In-dividuums, des Un-teilbaren, auf dass sich seit jeher jedwede auf den Menschen bezogene philosophische oder politische Betrachtung bezieht. Darüberhinaus ist es möglich, innerhalb der Vervielfachung, den einzelnen Profilen verschiedene Rollen zuzuweisen. Dies kann sogar so weit getrieben werden, dass diese mit- oder gegeneinander agieren können. Als Beispiel sei hier der Autor genannt, der das eigen Wert rezensiert und schaut man auf die Schlagzeilen der letzten Tage und Wochen, so wird dies mittlerweile professionell und in breitem Maße betrieben. Ein zweiter, wichtiger Aspekt ist die Möglichkeit der Überwindung physischer Grenzen. Man kann eine komplett neue Identität erwerben, ungeachtet von Geschlecht, Ethnie, Alter, Aussehen, etc.. Das heißt, dass im Internet keine Notwendigkeit einer Entsprechung zur Realität besteht.

Hier drängt sich quasi ein Rückgriff auf Hannah Arendt auf, die im Vorwort zu ihrem Werk Vita Activa von der „Bedingtheit des Menschen“ spricht. Sie sagt, dass der Mensch den Bedingungen der Natur unterworfen sei und darüber hinaus mit allem, was er schafft, neue Bedingungen kreiert, denen er dann ebenso unterliegt, es ihm jedoch nicht möglich sei, eine Situation zu gestalten, in denen er den Bedingungen der Natur entfliehen könne. Vor dem Hintergund der Weltraumbegeisterung der 60er Jahre, spielt sie jedoch mit dem Gedanken, dass es in ferner Zukunft einmal möglich sein könne, dieser Welt zu entfliehen und auf einem anderen Planeten Umstände zu schaffen, in denen der Mensch nur mehr den selbstgeschaffenen Bedingungen unterliege. Hier liegt Hannah Arendt sowohl richtig als auch falsch: Richtig hinsichtlich der Prognose, dass der Mensch sich eine den Naturbedingungen entbundene Umwelt schaffen könne, falsch darin, dass es nicht eine Flucht ins All war, die dies ermöglichte, sondern – die informationstechnologische Entwicklung konnte sie damals noch nicht vorraussehen – eine Flucht in die Virtualität diesen Prozess in Gang setzte.

Ein zweiter Aspekt, den ich von Hannah Arendt aufgreifen möchte, ist ihre Unterscheidung und Abgrenzung zwischen dem öffentlichen und privaten Raum, die ihrer Philosophie zu Grunde liegt. Schaut man sich diese beiden Räume an, so stellt man fest, dass hinsichtlich des Webs 2.0 hier eine Amalgamiereung dieser stattfindet. Zum einen bewusst wie etwa an den Beispielen Facebook und Twitter zu sehen, bei denen unklar ist, ob die hier getätigten Äußerungen und das hier vollzogene Handeln privater oder öffentlicher Natur ist. Zum anderen jedoch auch unbewusst beziehungsweise ohne das Bewusste Zutun. Als einfachstes Beispiel hierfür, seien Funktionen genannt wie das allseits bekannte „Kunden, die dieses Buch kauften, kauften auch…“. Doch greift diese unbewusste Amalgamierung noch weiter. Rein technisch gesehen könnten ähnliche Verknüpfungen auch anhand unserer Eingabe bei Suchmaschinen etwa getätigt werden oder auch hinsichtlich besuchter Webseiten. Dies geschieht auch schon zu nicht geringem Maße, da solche Empirik notwendiger Weise von Anbietern wie Google im Zuge der Produktentwicklung betrieben werden muss, um die Suchalgorithmen ständig zu verbessern. Es wäre also nicht undenkbar, dass Google etwa zu einer Einsicht käme, dass Menschen, die sich überwiegend für juristische Schlagworte interessieren, demnach also vorraussichtlich Anwälte sind, auch ein erhöhtes Interesse an Seiten über Shakespeare zeigen. Um zu verdeutlichen, in welchem Maße dies geschieht und welchen Aufwand Google hierbei bereit ist zu leisten, sei ein Beispiel genannte, dass auch Nicholas Carr in seinem Buch The Shallows bringt: die Auswahl der Schriftfarbe. Google hat über einen gewissen Zeitraum 150 verschieden Blautöne für seine Schrift verwendet und diese verschiedenen Usern zur Verfügung gestellt und deren Verhalten untersucht und hierfür reichlich Daten gesammelt, um sich dann letztlich für den Ton zu entscheiden, bei dem mit höchster Wahrscheinlichkeit die Links zu Werbepartnern geklickt wurden. Dieses Beispiel im Hinterkopf habend, wird deutlich, dass lediglich datenschutzrechtliche Regelungen verhindern, dass Erkenntnisse wie „Nutzer, die vor 22 Uhr diese Seite besuchten, besuchten nach 22 Uhr folgende Seiten…“ oder etwa eine individualisierte Auswertung stattfindet. Das heißt, dass der Nutzer, um eben jene Amalgamierung des öffentlichen mit dem privaten Raum zu verhindern, lediglich die Möglichkeit hätte, für jeden dieser beiden Räume, einen eigenen Rechner zu nutzen – bestenfalls über zwei voneinander getrennte Leitungen. Dies ist jedoch weder wünschbar noch im individuellen Rahmen praktikabel.

Werfen wir nun jedoch einen Blick auf die Strukur des Web 2.0, wie es sich uns heute darstelt. Wie die Karte zeigt, ist der Anteil des Internets im vergleich zur gesprochenen Sprache insgesamt als auch zur Kommunikation über andere mediale Formen wie Email oder SMS nur gering. Die Karte basiert auf ermittelten und geschätzten Werten der social activity, sprich aller Kommentare, Chats, Nachrichten, etc. und es fällt auf den ersten Blick auf, dass der größte Teil dieser Aktivität auf Facebook und Twitter stattfindet. Einen Großteil stellen auch die Aktivitäten innerhalb von Spielen dar – seien es jetzt mit Facebook verknüpfte Spiele wie etwa Farmville oder die davon unabhängigen MassiveMultiplayerOnlineGames, zu denen Spiele wie World of Warcraft oder SecondLife zählen. Die Blogosphere, auf der Karte als Inselgruppe in der „Sea of Opinion“ dargestellt, macht nur einen geringen Anteil aus. Allerdings ist dies ein Bereich, in dem noch vergleichsweise relevante Informationen ausgetauscht werden – etwa auf Technik- oder Politikblogs – wohingegen die meiste im Internet stattfindende Kommunikation selbstreferentiell ist. So wird etwa auf Twitter gepostet, dass Facebook offline ist und Ähnliches. Das Netzt beschäftigt sich zu einem großen Teil mit sich selbst. Um eine Vorstellung der Dimension zu haben, werfe man einen Blick auf den fast schon verschwindend geringen Teil, den die „Wikipedia Talk Pages“ (auf der Karte zwischen „Troll Bay“ und „Sea of Memes“ angesiedelt) ausmachen, die innerhalb Wikipedias selbst, jedoch die Informationsmenge der eigentlichen Enzeklopädie um ein vielfaches übersteigt.

Doch stellt diese Karte weitestgehend nur das sogenannte Surface Web dar. Also der Teil des Internets, der von Suchmaschinen gefunden werden kann und welcher von diesen indiziert ist. Darunter befindet sich das sogenannte Deep Web, welches überdies alle Realtime-Pages, Datenbanken, Foren, Bibliothekskataloge und so weiter beinhaltet und darüber hinaus alles, was die Bedienung eines HTML-Formulars oder eines Log-Ins voraussetzt. Vergleicht man die zugrundeliegende Datenmenge, so wird davon ausgegangen, dass das Surface Web etwa 167 Terabyte an Information enthält, dass Deep Web jedoch etwa 91.850 Terabyte benötigt. Um einen Vergleich zu bieten: Die Datenmenge des gesamten Bestandes der Congress Library in Washington, wird auf etwa 10 Terabyte geschätzt, was in etwa einem Bestand von 138 Millionen Titeln entspricht.

Das heißt, wir stehen inmitten eines unüberschaubaren Labyriths, in dem wir uns ohne Hilfestellung wie ihn in der Mytholigie Ariadne mittels eines Fadens zur Verfügung gestellt hat, nicht mehr zurecht finden. Dieser Ariadnefaden wird uns auch durch diverse Dienstleister zur Hand gegeben. Hier sei nun erwähnt, dass die genannten Dienstleister nicht aus Werbezwecken genannt werden, sondern da sie als führende Vertreter paradigmatisch für eine ganze Gruppe von Anbietern stehen. So führt uns Amazon zu gewünschten Produkten, die wir im Internet erwerben möchten, Wikipedia verwaltet unser Wissen, Facebook unzterstützt uns, unsere Sozialkontakte zu pflegen und auszubauen und Google ermöglicht eine Orientierung innerhalb des Netzes. Doch all diese Hilfestellungen sind immer auch von Interessen der Anbieter gelenkt, meist finanzieller Natur.

Man mag jetzt den Einwand erheben, dass dies keinen Unterschied zu frühere Zeiten darstellt, da es immer schon Verlage, Medien und Institutionen gegeben habe, die die individuelle Orientierung in der Welt und das eigene Wissen um die Welt gelenkt hätten. Doch besteht in sofern ein Unterschied, dass der Forscher früher in die Welt hineingehen konnte, um diese zu vermessen. Er konnte auch ein Blatt vom Herbstboden aufheben, um es dann zuhause eingehend zu untersuchen. Dies ist jedoch innerhalb des Internets nicht mehr möglich, dessen Nutzung immer auch der Inanspruchnahme eben genannter Dienste bedarf. Wir stehen also vor einer unüberschaubar komplexen Masse an Informationen. Unsere Abhängigkeit geht sogar so weit, wie in dieser Karrikatur dargestellt.

Dies ruft nun Immanuel Kant auf den Plan: Ich muss die ersten beiden Sätz seiner Abhandlung Was ist Aufklärung hier nicht wiederholen, jedoch möchte ich auf einenzentralen Punkt in Kants Definition hinweisen. Er sagt, dass man sich des Verstandes ohne Leitung eines anderen bedienen solle. Das heißt, die eben aufgezeigten Serviceanbieter als Hilfestellung für die verschiedenen Lebensbereiche (Amazon, Wikipedia, Facebook und Google) fallen gänzlich Weg, will man nicht eine neue selbstverschuldete Unmündigkeit erzeugen. Die Loslösung des Menschen aus dieser Unmündigkeit ist jedoch gerade der springende Punkt hinsichtlich seiner Aufklärung.

Der von Kant dargestellte aufgeklärte Mensch ist es jedoch, den unsere Verfassungsväter und –mütter im Kopf hatten, als sie – und dies ist übertragbar auf sämtliche Verfassungen der Welt – das Grundgesetzt entwarfen. Dies kann, wie Peter Häberle anschaulich gezeigt hat, aus verschiedenen Artikeln und Verfassungsprinzipien abgeleitet werden. Das Menschenbild im Verfassungsstaat, so auch der Titel Häberles, basiert aud der Menschenwürde, zu der er sagt: „Die Menschenwürde, heutiger ‚Kern‘ des rechtlichen Menschenbilds im Verfassungsstaat (es aber nicht erschöpfend), verbietet ‚hinter 1789‘ und ‚Kant‘ zurückzugehen, und sie gebietet, auf diesem Grund behutsam weiterzuschreiten: bei aller Relativität und Offenheit der Geschichte.“

Somit stellt sich uns eine kausalen Verknüpfung des Einflusses dar: Der „aufgeklärte Mensch“, Grundlage der kantischen Antropologie, auf der das Menschenbild der Verfassung basiert, ist schließlich auch Kern unserer Verfassung. Fängt nun, durch die aufgezeigte Entwicklung unter dem Einfluss des Internets, der aufgeklärte Mensch an, Risse zu bekommen, so wirkt sich dies auf alle anderen Glieder der Kette bis hin zur Verfassung selbst aus. Somit besteht, erst einmal nur theoretisch, die Gefahr, dass der Mensch in gewisser Hinsicht seine „Demokratiefähigkeit“ verliert, die entscheidende Eigenschaften (Autonomie, Aufgeklärtsein, etc.) für eine Ausübung der Demokratie voraussetzt. Unsere Welt steht in gewisser Weise im Schatten von Kant, wird jedoch nun zunehmend einer Wolke gleich durch das Web 2.0 eingehüllt, nicht umsonst spricht man auch in Bezug auf das Internet von der „Cloud“.

Bis hierher sind meine Überlegungen eine reine Betrachtung des Menschen innerhalb der Virtualität. Daher ist es nun an der Zeit aufzuzeigen, welche Fragestellungen sich auf dem Weg hin zur Realität zusätzlich ergeben. Hierbei möchte ich auf eingangs schon erwähnten Nicholas Carr zurückgreifen, der in The Shallows, belegt durch eine Vielzahl von Studien und Experimenten, aufzeigt, dass die Internetnutzung neurologische Konsequenzen hat. Dieses neue Medium zieht nach sich, dass sich neuronale Strukturen in unserem Gehirn verändern. Dadurch hat das Internet mittelfristig gesehen einen immensen Einfluss auf unsere Konzentration, unser Gedächtnis, die Fähiglkeit zum konzentrierten und „tiefen“ Denken und langfristig sogar auf unsere Kultur. Er fasst dies in dem Gedanken zusammen: „Outsource memory, and culture withers“.

Zur Veranschaulichung der hier aufgezeigten Überlegungen und diese zusammenfassend, habe ich mir die Freiheit genommen, ein Analogon zu definieren, welches jedoch an anderer Stelle noch zu konkretisieren sein wird:

Der Woyzeck-Komplex

In Analogie zu den Erbesen in Büchners Dramenfragment Woyzeck werden uns die genannten Hilfsdienste und darüber hinaus viele andere Funktionen des Internets in kleinen Portionen verabreicht. Sie alle stehen unter dem Deckmantel des Guten – sowohl die Erbsen, die Bestandteil wissenschaftlich-medizinischer Untersuchungen des Arztes sind, als auch die verschiedenen uns angebotenen Dienste. Deshalb, um ein triviales, gerade in den Medien präsentes Beispiel zu nennen, kommt es auch dazu, dass Nutzer ihre Emailkontakte aussionieren lassen, eben vor dem Hintergrund, dass ihnen die Suche nach Freunden bei Facebook immens erleichtert wird. Die Erbsen jedoch verändern, zumindest in vielen gängigen Interpretationen des Dramas, Woyzecks Bewusstsein ebenso wie das Internet Carr folgend dies tut. Im Falle Woyzecks zieht dies tragische Konsequenzen nach sich, ermordet er schließlich Frau und Kind. Ob und wenn ja, welche dramatischen Folgen unser Handeln haben wird, ist unklar, doch macht dies auch gerade den Unterschied zu Woyzeck aus. Er wusste nicht, dass die Erbsen sein Bewusstsein verändern, wir – ausgestattet mit der Carr’schen Einsicht – begehen jedoch in dieser Hinsicht eine kollektive actio libare in causa. Wir dröhnen uns gewissermaßen zu, nicht wissend, wie wir danach handeln. Wir laufen ohne die nötige, begleitende Reflexion sehenden Auges in eine Situation, von der wir nicht abschätzen könne, welche Gefahren sie birgt.

Doch, wie eingans schon erwähnt, soll meine Argumentation nicht darauf abzielen, aufzuzeigen, dass das Internet an sich schlecht ist. Die Einsicht ist vielmehr, dass wir Sorge tragen müssen, dass Chancen und Gefahren des Web 2.0 so ausbalanciert werden, dass zumindest im Kern unser Aufgeklärtsein und folglich unsere Demokratiefähigkeit erhalten bleibt. Die Lösung liegt meiner Ansicht nach in einer neuen Aufklärung, quasi einer „Aufklärung 2.0“.

1 Kommentar:

  1. Das ist eine hervorragende Ausformulierung der zugrundeliegenden Powerpointpräsentation und ein anregendes Amuse Gueule für die entstehende Dissertation!

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